Spuren der Red Star Line
Mehr als ein halbes Jahrhundert lang setzten die Schiffe der Red Star Line Kurs auf Antwerpen und damit aufs „Eilandje“. Die Liegeplätze befanden sich am Beginn des Scheldebogens in Richtung Nordsee und damit ein wenig außerhalb der Stadt. Das hatte seinen Grund: Ursprünglich wollte die Reederei Erdöl transportieren, aber die amerikanische Regierung untersagte den gemeinsamen Transport von Menschen und Erdöl. Was die Reederei nicht daran hinderte, ihre Schiffe weiter an den großen Pollern am Rijnkaai zu vertäuen.
Die Schiffe legten jeden Samstag ab. Vor der Abfahrt hasteten bis zu 2500 Passagiere zum Rijnkaai. Die Passagiere mit einem Ticket der 3. Klasse mussten erst eine ärztliche Untersuchung über sich ergehen und die Schiffspapiere überprüfen lassen. Diese Prozedur blieb den Passagieren der 1. und 2. Klasse erspart. Am Kai herrschte ein unbeschreibliches Gewimmel. Auch Freunde und Verwandte der Passagiere strömten zum Rijnkaai, um sich von den Reisenden zu verabschieden. Und viele Neugierige wollten einen Blick auf die majestätischen Schiffe werfen. All dies hat seine Spuren in der Stadt und vor allem auf dem „Eilandje“ hinterlassen.
Die Poller der Red Star Line
Die „Belgenland II“, das Flaggschiff der Red Star Line, legte 1923 zum ersten Mal in Antwerpen an. Sie war das größte Schiff, das die Hafenstadt jemals angelaufen hatte. Das Ergebnis war ein wahrer Volksauflauf. Extra für die „Belgenland“ mussten riesige Poller am Kai angebracht werden. Diese Poller gibt es noch heute.
SANBA – Rijnkaai 21
Die Büros der Red Star Line befanden sich nacheinander an der Kammenstraat, an der Jordaensstraat und schließlich im Haus Rijnkaai 22 ganz in der Nähe der Liegeplätze. Das Haus gibt es noch immer, aber wird heute als modernes Bürohaus genutzt. Über der Eingangstür steht „Magazijn Sanba“. SANBA war die Abkürzung von Société Anonyme de Navigation Belge-Américaine). Sowohl an der Vorder- wie an der Rückfront (an der Braziliëstraat) erkennen wir an der Fassade das Wappen der USA und Belgiens: eine Anspielung auf die transatlantischen Aktivitäten der Reederei.
Die Lotsenzentrale
Antwerpens Lotsenzentrale (Loodswezen) gehört zu den unbekannteren Sehenswürdigkeiten der Stadt. An der Schelde steht ein Standbild zu Ehren der im Krieg gefallenen Seeleute. Schiffe, die am Standbild vorbeifahren, lassen das Schiffshorn erklingen. Für die Red Star Line war die Lotsenzentrale aus einem anderen Grund ein wichtiger Ort: Hier befand sich das Büro von Eugeen Venesoen, von 1891 bis 1924 Emigrations-Kommissar des belgischen Staates.
Die Kneipe der Mutter von Eugeen Van Mieghem
Kaum ein Künstler kannte das Leben und Treiben rings um die Hallen der Red Star Line so gut wie der Maler Eugeen Van Mieghem. Das lag daran, dass seine Mutter eine Kneipe auf der anderen Straßenseite besaß. Van Mieghem war schon früh fasziniert vom Kommen und Gehen der Auswanderer. Zu einer Zeit, als die Fotografie noch in den Kinderschuhen steckte, schuf er Hunderte von Zeichnungen und Skizzen vom Alltag im Hafen. Heute sind sie ein wichtiges Zeitdokument. Wo sich einst die Kneipe befand, ist heute Brache. Wer sich gut auf dem Grundstück, auf dem einst die Kneipe stand, umschaut, entdeckt vielleicht noch Überreste davon. Wo sich einst eine Kneipe befand, entdecken Sie noch einige Überreste auf der Mauer eines brach liegenden Geländes.
Im Eugeen van Mieghem Museum können Sie dann noch mehr über das Leben und die Arbeit des Antwerpener Künstlers erfahren.
Ein Viertel in voller Entwicklung
Nicht nur der Museumskomplex, auch die Lagerhäuser „Montevideo“ und das ehemalige Anwerbelokal für Hafenarbeiter, „De Shop“ genannt, gehören zu den Blickfängen des neuen Montevideoviertels auf dem „Eilandje“.
Das Viertel ist zentral auf dem „Eilandje“ gelegen. Ehrgeizige Stadterneuerungsprojekte machen seit einiger Zeit aus dem alten Hafenviertel ein Quartier, in dem Kultur, Gastronomie, gewerbliche Nutzung und Wohnen gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Der öffentliche Raum rund um die ältesten Docks wurden neu angelegt. Im ehemaligen, renovierten Felixpakhuis (Felix-Lagerhaus) ist seit 2008 das Stadtarchiv untergebracht. Und mit dem MAS | Museum aan de Stroom bekam Antwerpen ein imposantes neues Wahrzeichen.