Migrationsgeschichten aus dem südamerikanischen Migrationsland per se
Das Red Star Line Museum ist für die Geschichten der zwei Millionen Passagiere bekannt, die mit Dampfschiffen die Überfahrt von Antwerpen nach Nordamerika machten.
Mit der Geschichte der belgischen Migranten in Argentinien – von 1880 bis 1950 – erzählt das Museum eine weniger bekannte Migrationsgeschichte. Dennoch ist es gleichzeitig die Geschichte aller Migranten: Was wissen sie von ihrer Familiengeschichte? Und vor allem: Was tun sie, um diese Erinnerungen am Leben zu erhalten? Das kann vom Errichten eines Museums über Belgien über die Zubereitung einer traditionellen flämischen Karbonade bis hin zur aktiven Suche nach den flämischen Wurzeln reichen.
Verschiedene Weisen, mit den Wurzeln umzugehen
Sie fanden sechs Argentinier, die ihre belgische Herkunft pflegen und die Migrationsgeschichte ihrer Familie in Ehren halten. Jeder auf seine eigene Weise erzählt, was ihm die Generationen vor ihm mitgegeben haben.
Die Urgroßeltern von Jorgelina Hazebrouck kamen aus Gent. Sie erzogen ihre Kinder als echte Argentinier und kappten die Verbindungen zu Belgien auf resolute Weise. Dennoch begann Jorgelinas Vater damit, in der Familienvergangenheit zu stöbern, da er sehr stolz auf seine belgischen Wurzeln war. Ein Belgier war in seinen Augen eine gute, ehrliche und korrekte Person. Jorgelina wuchs auf in einem Haus voller belgischer Flaggen, Postkarten und Fotos. Die Faszination bekam zeitweise einen ernsthaften Ton, als Jorgelinas Vater anfing, tiefer zu graben und feststellte, aus welchen Gründen seine Großeltern ausgewandert waren...
Foto: Belgisch-französische Kirmes in Rosario, Argentinien, 1914. Archiv Familie Hazebrouck
Eine aktuellere Geschichte ist die von Meis Bockaert. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Meis 13 war, zog ihre Familie nach Argentinien. Im Buchgeschäft ihrer Eltern führte sie ein Traumleben. Die Familie passte sich an, blieb jedoch auch in Kontakt mit der Familie in Belgien. In den 60er Jahren kamen ihre Eltern und Brüder zurück, nur Meis blieb in ihrem argentinischen Buchladen. Durch unruhige Zeiten in Argentinien ging sie im Alter von etwa 40 Jahren wieder zurück nach Belgien, wo sie sich unerwartet ein neues Leben aufbauen musste. Ihr Argentinien wird nie mehr dasselbe sein.
Foto: Die Familie Bockaert unterwegs nach Argentinien. Archiv Familie Bockaert
Persönlicher Einblick in die belgisch-argentinische Geschichte
Die Ausstellung „Ein bisschen Belgier. Sechs Argentinier zu ihren Wurzeln“ erlaubte einen persönlichen Einblick in ein Stückchen belgisch-argentinische Geschichte und in die Auswirkungen, die die Migrationswelle auf die Identität der verschiedenen Generationen gehabt hat. Auf der Suche nach Antworten reisen Sie mit Ihrem Kopfhörer durch eine Landschaft aus Film, Fotos und fesselnden Geschichten.
Foto oben: Belgier in Tucuman, 60er Jahre Archiv Familie Magda Versele